Kanō Bunko (Kanō Kōkichi)
狩野文庫

Die Sondersammlung Kanō Bunko der Universitätsbibliothek der Tōhoku Daigaku basiert auf der früheren Privatbibliothek des Philosophen, Geistesgeschichtlers und Pädagogen Kanō Kōkichi (1865–1942) und umfaßt fast 110.000 japanische und chinesische Werke unter besonderer Berücksichtigung japanischer und chinesischer Geistes- und Kulturgeschichte (Gedichte), Philosophie und Wissenschaftsgeschichte sowie alten Karten und Bilderrollen. Sie enthält zahlreiche japanische und chinesische Gedichtanthologien sowie eine der größten japanischen Sammlungen von Büchern zur traditionellen japanischen Mathematik (wasan). Die Kanō-Privatbibliothek ist in Japan häufig als Bibliothek aller klassischen Fächer (koten no hyakka zensho) und Schatz der Edo-Forschung (Edogaku no hōko) apostrophiert worden, was ihren Charakter als herausragende Rara-Sammlung unterstreicht. Die Sondersammlung enthält zwei offiziell zu Nationalschätzen (kokuhō) erklärte heianzeitliche Abschriften: die Biographie des Kaisers Wen der Han-Dynastie (Xiaowen benji, Kapitel 10 des Shiji von Sima Qian) und Kapitel 25 des Ruijū kokushi von Sugawara no Michizane (845–903).
Kanō Kōkichi stammte aus einer Gelehrtenfamilie in der Domäne Akita in der Provinz Dewa (heute Ōdate in der Präfektur Akita) und studierte Mathematik und Philosophie an der Tōkyō Teikoku Daigaku. Er leitete zwischen 1898 und 1906 die Daiichi Kōtō Gakkō und wurde 1906 Gründungspräsident der Kyōto Teikoku Daigaku. Er war Naturalist und Atheist und gilt als Wiederentdecker der edozeitlichen Denker Andō Shōeki (1703–1762), Honda Toshiaki (1743–1820) und Shizuki Tadao (1760–1806).
Das Gros von Kanōs Privatbibliothek gelangte seit 1912 in vier Tranchen durch die Vermittlung seines Freundes Sawayanagi Masatarō (1865–1927) an die Tōhoku Daigaku. An der Tōkyō Daigaku existiert ebenfalls eine Sondersammlung namens Kanō Bunko, die Tagebücher, Briefe, Zeichnungen und Kalligraphien von Kanō Kōkichi enthält. Zudem besitzt die Kyōto Daigaku einen Teil der chinesischen Werke aus dem Besitz von Kanō Kōkichi. Die Kanō Bunko der Tōhoku Daigaku wurde zunächst durch die Kataloge Tōhoku Teikoku Daigaku shozō Kanō-shi kyūzōsho (1914) und Wa-Kan sho betchibon mokuroku: miteikō (1936) bibliographisch erschlossen. Der letztgenannte Katalog wurde nach dem Zweiten Weltkrieg unter dem Titel Wa-Kan sho betchibon mokuroku: zōteikō (1961) komplettiert. Außerdem erschien 1937 unter dem Titel Kanō bunko gaisetsu ein Abriß in Form einer beschreibenden Systematik zu den Sachgebieten der Kanō Bunko, wie zum Beispiel Philosophie, Religion, Erziehung, Geschichte, Geographie, Kunst, Recht, Politik, Wirtschaft, Mathematik, Physik und Militärwesen. Schließlich erschien 1982 der rund 20.000 japanische und chinesische Werke systematisch auflistende Katalog Tōhoku Daigaku shozō Wa-Kan sho koten bunrui mokuroku. Zuletzt veröffentlichte dann die Tōhoku Daigaku bei Maruzen 1994 einen Mikrofilmkatalog mit japanischen Werken unter dem Titel Kanō Bunko mokuroku Wa sho no bu: Tōhoku Daigaku fuzoku toshokan shozō. Unter den mikroverfilmten Werken befinden sich 450 alte Karten sowie Bilderrollen und Bilderbücher mit insgesamt rund 13.700 Bildern. Zahlreiche Bilder sind mittlerweile auch als Datenbank unter dem Titel Kanō Bunko gazō dētabēsu über die Internetseite der Universitätsbibliothek einsehbar.