Thaner Bunko (Friedrich Thaner)
ターナー文庫

Die Sondersammlung Thaner Bunko der Kyōto Daigaku (Hōgakubu Toshoshitsu) basiert auf der Privatbibliothek von Friedrich Thaner (1839–1915) und umfaßt 2.736 großenteils deutsche Werke unter besonderer Berücksichtigung des Kirchenrechts sowie des deutschen Familienrechts vor der Entstehung des deutschen Zivilgesetzbuches.
Friedrich Thaner wurde 1865 in Wien zum Doktor der Legistik und der Kanonistik promoviert und später in Kirchenrecht habilitiert. Seine Lehrer waren Aemilius Ludwig Richter (1808–1864) und Theodor Sickel (1826–1908). Von 1877 bis 1907 arbeitete er als Professor für Kirchenrecht in Graz. Er hat sich vor allem mit Sammlungen und Kommentaren zum Kanonischen Recht beschäftigt. Sein Spezialgebiet waren spätmittelalterliche und neuzeitliche, also nachklassische Kanonistik. Er publizierte unter anderem zu Anselm II., Bischof von Lucca (1086 verstorben), zu dem Scholastiker Pierre Abélard (1079–1142; Abaelardus), zu Papst Alexander III. (1105–1181; vormals Orlando Bandinelli) und zur Entstehung und Bedeutung bestimmter Formeln in den päpstlichen Privilegien. Die Sammlung enthält zahlreiche Primärquellen zur Entwicklung der Trennung von Kirche und Staat in Europa.
Die Thaner-Bibliothek war – zusammen mit der Hatschek-Bibliothek (Julius Hatschek) und der Tuhr-Bibliothek (Andreas von Tuhr) – ein Reparationsobjekt aus dem Ersten Weltkrieg von Deutschland an Japan. Sie wurde 1931 vom japanischen Finanzministerium auf die Kyōto Teikoku Daigaku übertragen und gelangte im darauffolgenden Jahr in die Bibliothek der dortigen Juristischen Fakultät. Sie ist seit 1976 durch den Katalog der Friedrich Thaner Bibliothek in der Juristischen Fakultät der Universität Kyoto bibliographisch erschlossen.